Das Fischpüddelchen ist das Männeken Piss von Aachen
Das nackte Fischpüddelchen von Aachen
Das Fischpüddelchen ist eine von mehreren alten Brunnenfiguren, die dem Metallbedarf der Rüstungsindustrie im 2. Weltkrieg zum Opfer fielen. Aber auch sonst hat diese Bronzefigur eine sehr bewegte Vergangenheit. Im Jahre 1911/12 wurde der Fischpüddelchen-Brunnen am Fischmarkt in unmittelbarer Zuwegung zum Domhof des Aachener Doms aufgestellt. Der Künstler und spätere Professor an der Akademie der Künste in Berlin, Hugo Lederer , 1871 – 1940, schuf diese Brunnenskulptur.
Die unglaublichen Folgen einer Verspätung
Zuvor hatte er den sehr lukrativen Auftrag zur Erstellung eines Reiterstandbildes am Aachener Kaiserplatz erhalten und schließlich umgesetzt. Dort steht seither das große Standbild Kaiser Friedrichs III. Allerdings war er mit seiner Arbeit in Verzug geraten und hat daher das Fischpüddelchen, das fertig in seinem Atelier in Berlin stand, als Entschuldigung bzw. Wiedergutmachung für die Verspätung, als nicht ganz freiwilliges Geschenk, der Stadt Aachen überreicht. Hätten die Stadtoberen gewusst, dass ihnen dieser kleine Mann derart Probleme bereiten würde, dann hätten sie dieses nackte Männlein wohl dankend abgelehnt.
Künstler: Hugo Lederer – Bildhauer / Heinrich-Clemens Dick – Bildhauer
Standort: Schmiedstrasse/Spitzgässchen / Aachen
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Das Brunnen – Denkmal gespeist vom Flüsschen PAU
Doch nun war das „Fischpüddelchen“ da. Es stellt einen nackten kleinen Jungen dar, der mit angestrengtem Gesicht in jeder Hand je einen großen Fisch hält. „Püddelchen“ bedeutet sinngemäß „völlig nackt“ oder splitternackt, bzw. im heutigen „öcher Dialekt“ „puddelnaks“. Im Gegensatz zum „Männeken Piss“ in Brüssel sprudelt das Wasser nicht aus dem kleinen Männlein, sondern aus den Mäulern der Fische. Das Wasser für den Brunnen kam von einem der wichtigsten Bachläufe der Stadt, die „Pau“, die auch die Fische auf dem Fischmarkt kühlte. Die Pau, wie auch alle anderen kleinen Bachläufe wurden jedoch mit zunehmender Industrialisierung, einhergehend mit großer Verunreinigung, kanalisiert in den Untergrund verbracht. Heute zeigen einige Steinplatten auf dem Weg zum Fischpüddelchen den unterirdischen Verlauf der Pau.
Das „Männeken Piss“ von Aachen
Hugo Lederer stellte also mit seiner Figur einen kleinen völlig nackten Jungen dar, dessen kleine Männlichkeit ganz offen zu sehen ist. Das war damals Grund genug für eine Vielzahl von Menschen, daran Anstoß zu nehmen. So war in der Nähe eine Volksschule. Eltern der Schulkinder, wie Mitglieder der dortigen Jungfernkongregation befürchteten, dass ihre Kinder unsittlich beeinflusst werden könnten. Die Studenten machten sich anderweitig an der Skulptur zu schaffen. Sie entfernten die Figur und nahmen sie zu ihren offiziellen studentischen „Kommers“, einem Fest der Studentenvereinigung mit.
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Streitobjekt in Aachens Bürgerschaft
In der regierenden Bürgerschaft Aachens war man uneins. Wie sollte mit dem Geschenk des Künstlers Lederer umgegangen werden? Schließlich wurde das Fischpüddelchen doch entfernt und im Suermondt Museum aufgestellt. Ca. 1916 gelangte das nackte Streitobjekt wieder an seinem alten Platz, allerdings unter Polizeiaufsicht. 1917 wurde das Männeken erneut demontiert. Erst nach 8 Jahren gab es einen Beschluss der Stadtverordneten, Fischpüddelchen wieder aufzustellen. Doch weder 1925, noch nach einem weiteren Beschluss 1931 fand die Figur ihren Weg zurück an den Fischmarkt.
Metallspende und Neuguss
Erst 1933 wurde „das Fischpüddelchen“ wieder an seinen alten Platz gebracht. Eine schlechte Zeit für Metallskulpturen. Mit der Aufrüstung zum 2. Weltkrieg war das Schicksal des Originals endgültig besiegelt. Als Metallspende für die deutsche Rüstung wurde die Figur eingeschmolzen.
Die original Gussform im Atelier von Hugo Lederer hatte den Krieg überstanden. So wurde Heinrich-Clemens Dick beauftragt, eine Nachbildung der Bronze herzustellen. Seit 1954 steht der nackte Junge mit seinen beiden Fischen wieder am Fischmarkt in Aachen.
Quellenangaben
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